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Weihnachtsgeld als Steuergeschenk für Besserverdienende

Die „begünstigte Besteuerung“ der Sonderzahlungen ist eine Umverteilung von unten nach oben. Es gibt Alternativen, von denen alle profitieren können. Aber niemand spricht darüber.

Viele Beschäftigte dürfen sich bald über ein Extra-Gehalt freuen, das sogenannte Weihnachtsgeld. In Österreich bekommen die unselbstständig Beschäftigten bekanntermaßen 14 und nicht 12 Bezüge im Jahr. Die Gewerkschaften verweisen zu Recht gerne darauf, dass dies ihr Verdienst ist, denn der Anspruch auf 14 Bezüge ist nicht auf gesetzlicher, sondern auf kollektivvertraglicher  Ebene geregelt. Gerade bei niedrigen Einkommensgruppen ist das Weihnachts- und Urlaubsgeld oft unbedingt notwendig, um Sonderausgaben – wie notwendige Renovierungen, Kreditrückzahlungen, einen kleinen Urlaub oder Geschenke für die Kinder – tätigen zu können. Daher ist es auch sinnvoll und richtig ein 13. und 14. Gehalt auszuzahlen. Weniger sinnvoll ist die steuerliche Besserstellung dieser beiden Sonderzahlungen, denn davon profitieren Besserverdienende am stärksten während niedrige Einkommensbezieher_innen, die in den letzten Jahrzehnten die größten Reallohnverluste aufweisen, durch die Finger schauen.

Kein gesetzlicher Anspruch auf 14 Bezüge – aber gesetzliche Steuerbegünstigung

Obwohl es keinen gesetzlichen Anspruch auf 14 Bezüge gibt, ist auf gesetzlicher Ebene eine steuerliche Begünstigung für die beiden Sonderzahlungen geregelt. Geregelt ist dies in §67 Abs 1 EStG und wird gern als Sechstelbegünstigung bezeichnet. Wenn der 13. und 14. Bezug insgesamt 25.000 Euro nicht überschreiten, sind diese nicht dem normalen progressiven Einkommenststeuertarif unterworfen, sondern nur mit 6% zu besteuern. Für die wenigen Personen, die noch mehr verdienen, werden die nächsten 25.000 Euro der Sonderzahlung dann mit 27% versteuert und für die wenigen Höchstverdiener(innen) die nächsten 33.333 Euro mit 35,75%. Jedenfalls liegt das weit unter der Regelbesteuerung in der Einkommensteuer (§ 33 Abs. 1 EStG).

Steuerprivileg der Sonderbezüge bringt NiedrigverdienerInnen nichts

Diese Begünstigung führt dazu, dass Höchstverdiener(innen) durch diese Regelung besonders gut aussteigen und Niedrigverdiener_innen überhaupt leer ausgehen. Wenn man so wenig verdient, dass man gar keine Lohn- und Einkommensteuer bezahlt, kann man von der Regelung nicht profitieren. Dies trifft auf etwas weniger als ein Drittel der unselbstständig Beschäftigten zu, das sind etwa 1,2 Millionen Menschen (mehr Frauen und Junge). Doch selbst dann, wenn man steuerpflichtig ist und ein Einkommen von € 2.000 Euro Brutto bezieht, hat man lediglich 148 Euro mehr im Jahr, was nicht nichts ist, aber im Vergleich zu einer Person mit 10.000 Brutto pro Monat, die mit fast 6.000 Euro jährlich profitiert, als lächerlicher Betrag erscheint. Dieser Argumentation mit Absolutbeträgen kann entgegengehalten werden, dass das ja logisch ist, wenn eine Person mehr Steuern zahlt, auch stärker von einer steuerlichen Begünstigung profitieren muss. Doch auch wenn man die Steuerersparnisse in Prozent der Regelbesteuerung dargestellt, wird erkennbar, dass sich Höchstverdiener(innen) etwa 80% ihrer Steuern, die sie ohne Begünstigung zahlen würden, sparen, während eine Person mit 1.600 Euro Monatsbezug sich nur 14% seiner Regelbesteuerung spart. In Summe führt die Sechstelbegünstigung dazu, dass die einzige relevante progressive Steuer in Österreich  (nämlich die Einkommenssteuer) weniger progressiv ist und insbesondere Höchstverdiener(innen) besonders viel davon haben.

Tabelle 1: Steuerersparnis nach ausgewählten Bruttobezügen

Bessere Alternativen zu teurem Steuerprivileg

Steuerliche Begünstigungen oder Ausnahmeregelungen sind nichts anderes als Förderungen, die nicht auf direktem Weg ausbezahlt werden, sondern indirekt, indem man weniger Steuern zahlen muss. Über alle Bundesförderungen muss der Finanzminister jährlich berichten und ausweisen, wie hoch der Einnahmenentgang aufgrund der Sondersteuerreglung ist (§ 47 Abs. 3 BHG 2013). Dieser gesetzlichen Verpflichtung wird aber nur eingeschränkt nachgekommen, da eine Reihe von steuerlichen Begünstigungen im Förderungsbericht 2016 nicht erfasst werden. Dazu zählt auch die Ausnahmeregelung für den 13. und 14. Bezug. Dies war nicht immer so – im Jahr 2011 wurde diese noch ausgewiesen und zwar mit einem Einnahmenentgang von 5,9 Mrd Euro. Die Steuerreform 2015/16 hatte ein Gesamtvolumen von etwa 4,5 Mrd Euro und wurde von der Rot-Schwarzen Vorgängerregierung als „größte Steuerreform der zweiten Republik“ bezeichnet. Wenn man sich diese Relationen vor Augen führt, kann man erahnen was alles möglich wäre, wenn der Staat fast 6 Mrd. Euro mehr zu Verfügung hätte: Zum Beispiel könnte die Negativsteuer für Menschen mit niedrigen Einkommen verbessert werden oder die Einkommenssteuer für mittlere Einkommen deutlich reduziert werden. Davon hätte eine Mehrheit der Bevölkerung mehr Nutzen, als von der begünstigten Besteuerung des 13. und 14. Monatseinkommens. Es könnten effektive Maßnahmen gegen den Klimawandel gefördert, die Gesundheitsversorgung für Kinder verbessert oder das Psychotherapieangebot ausgebaut werden. Kurz: Mit ein wenig mehr Köpfchen könnte dieses Geld so verteilt werden, dass fast alle Menschen bis auf ein paar SpitzenverdienerInnen besser aussteigen als derzeit.

Warum wird diese Ungerechtigkeit nicht beseitigt?

Aber warum spricht niemand über diese steuerliche Ausnahmeregelung, die vor allem Besser- und Spitzenverdienenden etwas bringt und Milliarden verschlingt? Die Seite, die bei jenen, die ohnehin schon wenig haben, weiter Kürzungen vornimmt und derzeit die Regierung stellt, hat schlichtweg kein Interesse an einer gerechteren Verteilung; und die andere Seite ist getrieben von der Angst, dass eine Debatte um die Ungerechtigkeiten der steuerlichen Begünstigung des 13. und 14. Bezugs viel zu kompliziert sei und von ÖVP wie FPÖ so dargestellt werden würde, als würde man Niedrigverdiener_innen nun auch noch das Urlaubs- und Weihnachtsgeld wegnehmen wollen. Das ließe sich eben nicht kommunizieren, wird befürchtet. Und so wird alles bleiben wie es ist. Die Höchstverdiener(innen) dürfen sich auch heuer wieder über Steuergeschenke zur Weihnachtszeit freuen, während die Niedrigverdiener_innen alles zusammenkratzen werden, um doch noch ein kleines Weihnachtsgeschenk kaufen zu können.

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