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Parlamentarisches Farewell für Katzian und sozialpartnerschaftliche Standortbestimmung

Die von der SPÖ initiierte aktuelle Stunde hatte das Thema „Faire Arbeitswelt und soziale Sicherheit für alle“. Die Regierung versuchte, das Thema mit ihren Maßnahmen rhetorisch in Einklang zu bringen, blieb dabei aber oft in Schlagwörtern und Untergriffen hängen. Gerade Ministerin Beate Hartinger-Klein und ÖVP-Klubobmann August Wöginger begegneten den Ausführungen der Opposition mit Zynismus und Selbstgefälligkeit. Die SPÖ, insbesondere Wolfgang Katzian setzte den Fokus auf einen generellen Demokratieaufruf und die zentrale Rolle der Sozialpartnerschaft dabei. Die NEOS spielten den scheinbar neutralen Mediator, der nur den Fachkräftemangel als Ursache für die Unfairness am Arbeitsmarkt sieht und die Liste Pilz sah die Gefahr einer Zweidrittelgesellschaft, die das untere Drittel abhängt und brachte Anträge aus Beschlüssen der AK-Vollversammlungen ein.

Statt im Parlament künftig vor dem Parlament

In seiner pointierten und kompakten Abschiedsrede beschreibt Wolfgang Katzian (SPÖ), der sich auf seine Aufgabe als neuer ÖGB-Präsident konzentrieren möchte, die Arbeitswelt zusehends unter Druck, und das obwohl die wirtschaftliche Lage gut ist. Hintergrund dieser Entwicklung sei der nicht mehr stattfindende Ausgleich innerhalb der Sozialpartnerschaft. Große Betriebe und die Industrie würden bestellen, und die Regierung liefere. Dabei würden die ArbeitnehmerInnen auf der Strecke bleiben. Katzian bringt zur Veranschaulichung zwei Beispiele: den 12h-Tag und die geplante Sozialversicherungsreform.

Der 12h-Tag sei nach Katzian ein „Generalangriff auf die Geldbörsen, die Freizeit und die Gesundheit der ArbeitnehmerInnen“. Im Jahr 1918 wurde der 8-Stunden Arbeitstag gesetzlich verankert, und nun 100 Jahre später sei es für Unternehmen einseitig erlaubt, ohne Zustimmung der BetriebsrätInnen und ArbeitsmedizinerInnen den 12h-Tag und die 60h-Arbeitswoche umzusetzen. Das Versprechen der 4-Tage Woche sei nicht im Arbeitszeitgesetz enthalten, insgesamt gehe es um mehr Arbeit und weniger Mitbestimmung. Katzian ist überzeugt, dass die Menschen die leeren Versprechungen nicht mehr glauben würden.

Als zweites Beispiel greift er die Sozialversicherung auf. Hier würde die vor 130 Jahren geschaffene Selbstverwaltung abgeschafft. Wieder gäbe es leere Worte wie die Milliarde für Versicherte. Das sei eine Verhöhnung aller. Die Harmonisierung finde nicht im Großen statt, weil die verschiedenen Gebietskrankenkassen bereits  95% ihrer Leistungen vereinheitlicht hätten. Der notwendige Ausbau der Prävention, Veränderungen im Pflegebereich oder eine tatsächliche Harmonierung der Versicherungsleistungen zwischen den unterschiedlichen Versichertengruppen finde nicht statt. Zuletzt erwähnt Katzian noch die geplante Verschiebung der Kompetenz der Beitragsprüfung zur Finanzverwaltung, die Tür und Tor für Lohndumping öffnen würde.

Die Einbeziehung der Sozialpartner sieht Katzian derzeit nicht gegeben, denn echte Verhandlungen fänden nicht statt, stattdessen gäbe es eine „Gipfelitis“, die nur medial inszeniert würde. Katzian bekennt sich am Ende seiner Rede zur Sozialpartnerschaft. Angesichts der Veränderungen kommt noch der Zusatz: aber „nicht um jeden Preis“, und mahnend ergänzt er: „wenn die Verteilungskämpfe härter werden, dann werden wir mutmaßlich andere Formen des Austragens von Interessensgegensätzen brauchen“.

Die Gewerkschaften würden die Regierungsvorhaben sehr genau beobachten. Die Verschlechterungen brächten eine „Demontage des Sozialstaats“ mit sich. Katzian sieht viele MitstreiterInnen. Er werde dann „vor dem Parlament sein“. Es würden dann mehr Menschen sein als die 100.000, die im letzten Sommer gegen das Arbeitszeitgesetz demonstriert haben.

Ganz am Ende kommt Katzian zu Grundsätzlichem. Er äußert seine Bedrücktheit darüber, wie unter der aktuellen Regierung Demokratie in Frage gestellt würde, wie mit dem Parlament als Souverän umgegangen werde. Die Strategie „Jeden Tag ein kleines Stückchen mehr, nie so groß für den ganz großen Aufschrei“ sieht er als Gefahr im demokratischen Miteinander. Er knüpft diese Einschätzung gut an die Bedeutung und Rolle der Gewerkschaften an, denn das Rückgrat der Demokratie wären noch nie die Unternehmen in diesem Lande gewesen, sondern es waren die ArbeitnehmerInnen. Es war die freie Gewerkschaftsbewegung, die viele heute selbstverständliche Grundrechte erkämpft hätte. Mit standing ovations aus den eigenen Reihen geht er ab.

Überschriftenrede ohne Erwähnung des 12h-Arbeitstages

Für Sozial- und Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) zeichne sich soziale Sicherheit durch eine effiziente bürgernahe und moderne Sozialversicherung aus. Rhetorisch fragt sie sich selbst, ob Österreich eine solche überhaupt habe. Sie verneint ihre Frage ohne lange Nachdenkpause in einem trotzigen und recht selbstgefälligen Tonfall. Österreich hätte zu viele Sozialversicherungen, schlechte Entscheidungsstrukturen, zu viele Gremien. Sie beruft sich dabei auf Rechnungshofberichte und eine unter ihrem Vorgänger Alois Stöger in Auftrag gegebene LSE Studie, die ein Einsparungspotenzial von 200-300 Mio. Euro pro Jahr ausweisen würden. Beate Hartinger-Klein bekennt sich allgemein zur Pflichtversicherung und zur Selbstverwaltung und zur Gerechtigkeit im System. Es gehe um gleiche Beiträge für gleiche Leistungen. Sie verspricht keine Beitragserhöhungen. Es käme lediglich zu Einsparungen im System. Für sie sei die Strukturreform bei der Sozialversicherung nur der Beginn einer Gesundheitsreform. Die derzeitigen Probleme wie überfüllte Ambulanzen und ein für die PatientInnen teures Wahlarztsystem wolle die Regierung mit mehr Kassenärzten, mehr Hausärzten und einer Leistungsabstimmung zwischen stationärem und niedergelassenem Bereich entgegentreten.

Der zweite Teil der Rede ist ein von ihr bereits gewohntes Überschriftenstakkato, das immer die gleiche Vernebelungs- und Angriffsstrategie fährt: Ohne inhaltlichen Zusammenhang werden Themen in einem bis zwei Sätzen angerissen und abfällig und diffus der SPÖ als alleinige Problemverursacher umgehängt. Dabei werden auch immer wieder die unterschiedlichen Regelungsebenen absichtlich vermengt. Den Beginn setzt der von ÖVP-Klubobmann Wöginger vor kurzen präsentierten Vorschlag der Anrechnung von Karenzzeiten in Kollektivverträgen. Nur sehr wenige KVs würden derzeit solche Anrechnungen beinhalten. Dies sei eine Geringschätzung von Karenz und Pflege und stelle ein eklatantes Versäumnis der SPÖ dar. Die Regierung wolle hier – trotz der Zuständigkeit der kollektivvertraglichen Verhandlungspartner – ansetzen. Wie, sagt sie nicht.

Der vergangene Woche abgehaltene Jobgipfel wäre erst der Beginn des Dialogs mit den Sozialpartnern gewesen. Es gehe laut Hartinger-Klein darum, das Arbeitskräftepotenzial im Inland zu aktivieren. Dafür brauche es eine Regionalisierung der Mangelberufsliste, vorgeschaltet durch eine überregionale Vermittlung durch das AMS, und die Evaluation von Zumutbarkeitsbestimmungen für Arbeitssuchende. Dass eine Regionalisierung der Mangelberufsliste genau nicht inländische Arbeitskräfte mobilisiert (sondern Drittstaatenangehörige auf den Arbeitsmarkt bringt), darauf geht in der ganzen Debatte keine RednerIn mehr ein. Dann folgen je zwei Sätze zu Lehre und der Generation Z, zum AMS-Budget, zur Inklusion und Digitalisierung, und zur Sicherstellung der erhöhten Familienbeihilfe bei Menschen, die ihr Einkommen durch Transferleistungen erhalten. Hier plant die Regierung nach einer Erkenntnis des Verwaltungsgerichts eine Novellierung des FLAG.

Beate Hartinger-Klein schließt mit einer Art der Garantieerklärung, dass die Regierung für eine faire Arbeitswelt und nachhaltige Sicherstellung des sozialen Schutzes stehe. Ihre Worte sprechen für sich: „Für uns steht Herr und Frau Österreicher im Mittelpunkt und sonst nichts“. Das „für alle“, welches im SPÖ Thema der aktuellen Stunde noch enthalten war, hat sie ausgelassen. Genauso wie die Verschlechterungen für ArbeitnehmerInnen durch den 12h-Tag.

Zynismus und Dampfwalzen-Strategie

ÖVP-Klubobmann August Wöginger ist als nächstes am Wort. Er bedankt sich bei Wolfgang Katzian „durchaus“ für die Zusammenarbeit, findet dann aber schnell in seine neue Rolle als Scharfmacher hinein. Er gibt Katzian auf seinen Weg mit: wenn keine Lösungen (der Sozialpartner) auf dem Tisch lägen, dann würde diese Regierung jedenfalls handeln. „Andere suchen die Antworten, wir haben sie“. Woher die Regierung diese Antworten, die oftmals 1:1 von Forderungen der Industrie und Wirtschaft  sind, benennt er nicht. Wöginger sieht die Regierungsarbeit so: Alles, was zwischen den Koalitionspartnern ausgemacht wurde, würde auch umgesetzt. Er greift kurz die Regionalisierung der Mangelberufsliste und die Weiterentwicklung der Rot-weiß-rot Karte auf. Es gehe darum, die Menschen in der jetzigen Phase der Höchstbeschäftigung zu den Arbeitsplätzen zu bringen. Für den ehemaligen Koalitionspartner hat er nur Kritik über: Die SPÖ würde nur Verunsicherung schüren. Die Großkundgebung gegen das neue Arbeitszeitgesetz wischt Wöginger zynisch mit der Bemerkung die „100.000 (Menschen) seien auf den Platz gezerrt worden“ vom Tisch, ebenso würde die SPÖ bei der AUVA-Reform über das Ziel schießen. Die Kameraeinstellung fängt den roten Kopf von Alois Stöger ein. Entlastung ist das nächste Schlagwort von Wöginger: „Der Familienbonus plus, der fetzt voll hinein in die Bevölkerung, die Eltern freuen sich“.

Zuletzt kommt Wöginger wieder auf die Sozialpartnerschaft zu sprechen. Mit der Wortmeldung von Strache und Kurz zu den „spürbaren Lohnerhöhungen“ bei den KV-Verhandlungen sei eine Art „Auftrag der Regierung an Sozialpartner“ verbunden. Auch will Wöginger sich für die Anrechnung der Karenzzeiten einsetzen. Drohend meint er: „Wenn die Sozialpartnerschaft dies nicht schaffe, dann wird die Regierung handeln.“. Die ehemalige Frauenministerin Heinisch-Hosek schüttelt bei dieser Ankündigung empört den Kopf. Denn laut Wöginger sollten die Sozialpartner nicht auf die Straße gehen, sondern Lösungen erarbeiten. Dass er mit seiner Wortmeldung grundsätzliche Widersprüche erzeugt, nicht nur durch seine (Doppel-)Rolle als ÖAAB-Chef, sondern auch im Umgang der Regierung mit den Sozialpartnern, insbesondere mit den Gewerkschaften und der Arbeiterkammer, greift später nur indirekt Daniela Holzinger-Vogtenhuber auf.

Die neue SPÖ-Klubobfrau Pamela Rendi-Wagner setzt ihre Rede grundsätzlich an. Ausgehend vom Zusammenhang zwischen Österreich als einem sozialen und fairen Land und der funktionierenden Sozialpartnerschaft, die für den gemeinsamen wirtschaftlichen Erfolg stand und der dazu führte, dass es Leistungen für alle im Pensions-, Bildungs- und Gesundheitssystem gab. All diesen Errungenschaften inklusive dem historischen Erfolgsmodell der Sozialpartnerschaft habe die ÖVP/FPÖ Regierung den Kampf dem angesagt. Als Beispiel nennt Rendi-Wagner die schnelle Abschaffung der Aktion 20.000 oder den Beschäftigungsbonus. Es sei für sie zudem unerhört, dass die Kürzungen bei der AUVA, es gehe um eine halbe Milliarde Euro, als „Geschenk an die Großindustrie“ fungieren. Die SPÖ sieht in der Reform eine Beschneidung des Rechts der Versicherten auf Selbstverwaltung.

Wolfgang Klinger (FPÖ) versteht Rendi-Wagners Ausführungen nicht, denn die Kürzungen seien Einsparungen. Das schlanke System werde das Geld für die PatientInnen zurückspülen. Es folgt das bekannte Freiwilligkeitsmantra  beim 12h-Tag: Der Zugang der Regierung liege im Individuum. Deshalb wären Betriebsräte und Gewerkschaften nicht das Allmaß bei der Arbeitszeitgestaltung. Auch der Zugang zu sozialer Sicherheit sei ein anderer. Klinger sieht einfach nicht ein, warum jemand, „der ins Sozialsystem eindringt, noch nie etwas für das Sozialsystem geleistet hat, dieselben Leistungen bekommen soll“. Das müsse die SPÖ zur Kenntnis nehmen. Die Maßnahmen der Regierung seien Meilensteine für eine faire Arbeitswelt und soziale Gerechtigkeit.

Gerald Loacker, Sozialsprecher der NEOS, dankt Katzian für seine parlamentarische Arbeit, kommt aber schnell zur für die NEOS typischen Einschätzung, dass die Sozialpartnerschaft eine „ungute Weiterentwicklung“ genommen habe. Sie sei Vorfeld- und Finanzierungsorganisationen von Rot und Schwarz geworden, zudem verstaubt und durch eine Reformblockade gekennzeichnet. Als Folge davon sieht Loacker Polarisierung und die Heraufbeschwörung von Feindbildern und  Klassenkampfrhetorik. Er stellt, wie schon bei seinen Reden zum neuen Arbeitszeitgesetz, klar: die Freiwilligkeit gäbe es nicht, die angefallenen Mehrstunden würden aber bezahlt, daher fände die Ausbeutung nicht statt. Er kommt auf das neue Rollenverständnis der Regierung zu sprechen: KV-Verhandlungen sollten die Regierung nichts angehen. Das sei eine gute Praxis. Aber auch andersrum sollen die Sozialpartner nicht die Regierungsarbeit machen. Um höhere Löhne von Regierungsseite zu garantieren, wäre laut den NEOS die kalte Progression abzuschaffen. Alles andere sei eine Show ohne Tatsachen. Die SV-Reform sei ebenso „Showparade erster Klasse“.

Unteres Einkommensdrittel wird abgehängt

Bruno Rossmann (Liste Pilz) sieht in Katzian einen unermüdlicher Kämpfer, der dem hohen Haus fehlen wird. Rossmann greift als Erster den letzten Satz der Sozial- und Gesundheitsministerin auf („Herr und Frau ÖsterreicherIn“) auf und macht auf die Notwendigkeit von gesellschaftlicher Teilhabe und gutem Leben für alle aufmerksam. Das Einkommen bilde als vorgelagertes Netz der sozialen Sicherheit angesichts einer aktuellen AK-Umfrage, wo die Hälfte der Beschäftigten angab, nicht mit ihrem Einkommen auszukommen, Grund zur Sorge. In Österreich sei jeder 10. Mensch armutsgefährdet, es gäbe Reallohnverluste von bis zu 50 Prozent der niedrigsten Einkommensgruppen. Gerade Frauen seien betroffen. Die Regierung reagiere nicht auf diese Entwicklungen, sondern verteile von der Mitte nach oben. So bekommen beim Familienbonus Einkommen unter 1.250 Brutto Euro nur ein Sechstel des Bonus im Vergleich zu Menschen aus der Einkommensmitte. Rossmann sieht in den noch nicht umgesetzten, aber geplanten Vorhaben, dass es noch schlimmer kommen werde. Als Beispiel nennt er die Abschaffung der Notstandshilfe. Es drohe die Einführung von Hartz 4. Für das untere Drittel der EinkommensbezieherInnen gäbe es nur Verschlechterungen. Daher werde die gesellschaftliche Teilhabe immer schwerer. Es drohe eine Zwei-Drittelgesellschaft.

Gabriele Schwarz (ÖVP) merkt an, dass sie als Politikerin und als Patientin Stillstand erlebt habe. Das ändere sich nun. Die Einsparungen im System kämen ja den PatientInnen zugute. Die einzige Lobby, die sie vertreten, seien die PatientInnen. Es gehe um Fairness. Als Beispiel erwähnt sie unterschiedliche Zuschüsse für Rollstühle. Die Leistungsharmonisierung sei der einzige Weg. Auch würden nun die Zuschüsse für Psychotherapie um 25% angehoben. Danach gibt es ein überschwängliches und kostenlos unverbindliches Lob an HausärtInnen, pflegende Angehörige und Pflegekräfte.

Soziale Sicherheit, Gewerkschaftsarbeit und Demokratie

Andreas Schieder (SPÖ) stellt in seiner Rede den Zusammenhang zwischen sozialer Sicherheit und Demokratie her. Soziale Sicherheit sei die Voraussetzung dafür, dass gesellschaftliche Teilhabe möglich wird. Er nennt den Unterschied zwischen Recht haben und Recht bekommen. Der Zugang zum Rechtssystem sei nicht immer leicht. BetriebsrätInnen und Interessensvertretungen würden sicherstellen, dass kleine Leute zu ihren Rechten kämen. Es fände eine scheibchenweise Aushöhlung der sozialen Sicherheit durch die Abschaffung von Jugendvertrauensräten und der Notstandshilfe, die „Durchpeitschung“ des 12h-Tags statt. Kurz erwähnt er die Klage des schwarzen Tiroler AK-Präsidenten Zangerl an die EU-Kommission (Verstoß gegen Arbeitszeitlinie und Grundrechtecharta).

Ohne Murx-Rede kommt die Debatte nicht aus

Dagmar Belakowitsch (FPÖ) hält die polemischste Rede in dieser aktuellen Stunde. Sie führt an, dass wenn alles denn so furchtbar sei, warum ginge Katzian denn dann? Es folgt ein diffuses und untergriffiges SPÖ Bashing, („sind Sie noch für Marx oder ist es doch nur Murxs, den sie hier vertreten können?“). Alleine der Phantomschmerz des nicht mehr Regierens verbände die SPÖ noch. Belakowitsch sieht in keinster Weise einen Sozialabbau. Die SV-Reform wäre nur für GeneraldirektorInnen ein Problem. Sonst für niemanden. Und es sei gut, dass die Regierung die Lehre für AsylwerberInnen („das Experiment“) abgeschafft habe, denn AsylwerberInnen brauchen keine Integration. Erst wenn sie einen Asylstatus haben, dürften sie den Arbeitsmarkt „bestücken“.

Josef Schellhorn (NEOS) erinnert das Plenum an 2015, wo Katzian auf ihn zugekommen sei, und ihn gefragt habe, wo er ihm helfen könne. Unternehmerschaft ist das wichtigste, was es beim Fachkräftemangel brauche, dann gebe es auch eine fairere Arbeitswelt. Die Sozialpartnerschaft sei stecken geblieben. Dann folgt wieder die kalte Progression als Thema. Mehr Netto vom Brutto. Der Staat bekäme von Lohnerhöhungen mehr als die ArbeitnehmerInnen.

Daniela Holzinger-Vogtenhuber (Liste Pilz) unterstellt Katzian gleich einen Fehler, denn die Formulierung „für alle“ sei in diesem Nationalrat doch nicht mehr mehrheitsfähig. Viel besser würde die Strategie der Regierung, nämlich das Ausspielen der Gruppen funktionieren. Sie nimmt auf die AK-Vollversammlungen, die gute Beschlüsse treffen, Bezug. Diese wertvollen Initiativen würden vom hohen Haus ignoriert, weshalb sie die Beschlüsse nun als Anträge einbringe. Am Ende äußert sie den Wunsch, dass der ÖAAB Rückgrat beweise, damit eine faire Arbeitswelt für alle möglich werde.

Als Efgani Dönmez (fraktionslos) seine Rede beginnt, verlassen alle SPÖ-Abgeordneten als Reaktion auf seinen frauenfeindlichen Tweet geschlossen den Plenarsaal. Er merkt an, dass die Politik noch nie Arbeitsplätze geschaffen habe, sondern nur Rahmenbedingungen. Er wolle weg von ideologischen Diskussionen. Dabei übersieht er wohl, dass seine vorherige Aussage doch genau eine neoliberale Ideologie offenlegt. Danach vergleicht er Wohnungsinserate und Stelleninserate und möchte aufzeigen, wie hart die Lebensrealitäten für arbeitende Menschen in Österreich seien. Sein Schlusscredo ist wahrscheinlich auch durch seine eigene fraktionslose Perspektive erklärbar und kommt relativ platt daher: Es geht um die besten Ideen, und nicht um parteipolitisches Hickhack, es gehe um die Menschen.

Hier gibt es eine Nachschau der aktuellen Stunde.

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