Als „Mode“, „Hype“ wird die Bewegung gegen die menschengemachte Erderwärmung diskreditiert. Doch die Folgen des CO2-Austoßes sind seit über 150 Jahre Gegenstand wissenschaftlicher Forschung. Und zwar mit überraschender Genauigkeit.
Die Frauenrechtlerin und die Geburtsstunde der modernen Klimatologie
Als die Naturwissenschaftlerin und Frauenrechtlerin Eunice Newton Foote im Jahr 1856 mehrere Experimente durchführte, die die Wechselwirkung von Sonnenlicht mit verschiedenen Gasen demonstrierten, war das die Geburtsstunde der modernen Klimatologie. Mitte des 18. Jahrhunderts setzte sich immer mehr die Erkenntnis durch, dass die Erde nicht nur viele Jahrmillionen Jahre alt, sondern auch ständigen Veränderungen unterworfen war – und mit ihr auch das Klima. Die Beweise häuften sich, dass die Gletscher in der Vergangenheit viel größer waren und die Idee der Eiszeitalter wurde geboren. Der Mathematiker Jean-Baptiste Fourier berechnete 1824, dass eine Erde ohne Atmosphäre viel kälter wäre und erkannte richtig, dass die Diskrepanz mit einer „unterbundenen Konvektion“ erklärt werden kann – die Wärme wird also nicht ins Weltall befördert und so weist die Erde höhere Temperaturen auf, als ohne Atmosphäre. Er verwendete dafür den Begriff „greenhouse effekt“. Heute wird darunter meist die Klimawirkung von Treibhausgasen verstanden.
Eunice Newton Foote konnte als Erste die Natur des Treibhauseffektes beschreiben. In ihrer wissenschaftlichen Arbeit konnte sie die Wirkung von Wasserdampf und CO2 auf die Temperatur beschreiben. Stärkere Konzentrationen dieser Gase würden der Erde zwangsläufig höhere Temperaturen verleihen, so Foote. Und auch wenn das Fachmagazin „Scientific American“ die Leistungen Footes bereits 1856 lobend erwähnte, so gilt heute ein anderer – männlicher – Forscher als Entdecker des Zusammenhangs zwischen Wasserdampf, CO2 und Temperatur auf der Erde. John Tyndalls Forschungen identifizierten sechs Jahre später die gleichen Treibhausgase wie Eunice Newton Foote. Seine für damalige Zeiten hochpräzisen Messungen und die Vielzahl an wissenschaftlichen Veröffentlichungen, machten den Treibhauseffekt und die dafür verantwortlichen Gase in der Wissenschaftsgemeinde zu einer damals anerkannten Tatsache.
Bereits Lange vor der zunehmenden Konzentration von CO2 in der Atmosphäre konnten also Eunice Newton Foote und später John Tyndalls einen Zusammenhang zwischen erhöhter CO2-Konzentration und der Erwärmung der Erde aufzeigen.
1900: Die ersten empirisch fundierten Vorhersagen
Als dann die CO2-Konzentration in der Atmosphäre Ende des 19. Jahrhundert messbar anstieg, konnte auch ein Temperaturanstieg gemessen werden.
Svante Arrhenius, ein schwedischer Physiker und Chemiker, entwickelte auf Grundlagen der Messungen von John Tyndall das erste Klimamodell und die Theorie, dass eine Halbierung der CO2-Konzentration eine neue Eiszeit auslösen würde. Nur als Nebenaussage diskutierte Arrhenius in seiner Arbeit „On the influence of carbonic acid in the air upon the temperature of the ground“ die Möglichkeit einer Erderwärmung durch erhöhte CO2-Konzentration. 1908 vertiefte er durch weitere Publikationen diesen Ansatz und prognostizierte einen Temperaturanstieg von 5 bis 6°C bis zum Jahr 3000. So lange brauche es, so Arrhenius, bis sich auf Basis der weltweiten Emissionsraten des Jahres 1896 die CO2-Konzentration verdoppelt habe.
Svante Arrhenius Thesen wurden Anfang des 20. Jahrhunderts von der Forschergemeinde im Allgemeinen abgelehnt. So wurde das stark vereinfachte Klimamodell von Arrhenius kritisiert, das weder die Rückstrahlung von Sonnenlicht durch Eis (Albedo-Effekt) berücksichtigte, noch die Wolkenbildung oder den Wärmetransport der Meeresstörmungen. Auch fehlten zur Untermauerung von Arhenius Theorie die Werte der eiszeitlichen Treibhausgaskonzentrationen. Die geäußerten Kritikpunkte hatten damals durchaus ihre Berechtigung. Heute hat die moderne Forschung all diese Messwerte. Wir kennen die CO2-Konzentration der letzten Jahrzehntausende und den Wärmetransport der Meeresströmungen. Rückkoppelungseffekte wie der Albedo-Effekt verstehen wir heute gut. Unser Wissen über die wirksamen Klimamechanismen ist noch nicht abgeschlossen, aber umfassend.
Die 1930er: Die Klimaerwärmung macht sich bemerkbar
Die 1930er waren ein Meilenstein in der Klimatologie. Die globale Erderwärmung war bereits damals so weit fortgeschritten, dass US-ForscherInnen eine Erhöhung der Temperatur in den USA feststellten konnten. Neben natürlichen Klimazyklen wurde auch ein verstärkter Treibhauseffekt aufgrund der Treibhausgasemissionen diskutiert.
Der Ingenieur und Erfinder Guy Stewart Callendar wertete die Temperaturdaten der letzten 50 Jahre aus und erkannte eine jährliche Erwärmungsrate von 0,005°C – zu hoch, laut Callendar, um eine natürliche Klimafluktation zu sein. In seiner Arbeit „The artificial production of carbon dioxide and its influence on temperature“ schätzte Callendar die CO2-Konzentration in der Atmosphäre im Jahr 2100 auf 396 ppm (ppm = parts per million). Tatsächlich wurde dieser Wert bereits im Jahr 2013 erreicht.
1950er und Kalter Krieg: CO2 und Erderwärmung werden unzertrennlich
In den 1940ern nahm die Akzeptanz der Theorie von einer durch CO2 ausgelösten Erderwärmung wieder ab. Arrhenius und vor allem Callendars Theorien enthielten zu viele unbekannten Variablen und galten daher als unüberprüfbar. Klimaveränderungen der Vergangenheit wurden geologisch erklärt und tatsächlich spielt die Geologie eine nachweislich wichtige Rolle in der Klimageschichte der letzten Jahrmilliarden.
In Zeiten des Kalten Krieges nahm die Klimaforschung rasant an Fahrt auf. Um auf mögliche Konflikte mit der UDSSR vorbereitet zu sein, wollten die USA über die Atmosphärenchemie und Wettersysteme Bescheid wissen (z.B wie sich der radioaktive Fallout verteilt). Sie förderten daher alle Bereiche der Naturwissenschaft und Technik, darunter auch die Ozeanographie und Meteorologie großzügig.
Immer detaillierter verstanden die ForscherInnen das Klimasystem und wieder war es Guy Stewart Callendar, der nicht müde wurde, den Zusammenhang zwischen CO2-Ausstoss der letzten Jahrzehnte und messbarer Klimaerwärmung hervorzuheben. Durch neue Technologien wurden Callendars Theorien immer mehr bestätigt. Mit der Radiokohlenstoffdatierung konnte die CO2-Konzentration der Vergangenheit aufgeschlüsselt werden und mit der Temperaturentwicklung in Zusammenhang gebracht werden. Mit ihrer Hilfe konnte nachgewiesen werden, dass sich CO2 in den letzten Jahrzehnten in der Atmosphäre angereichert hatte und nicht, wie viele damals noch meinten, in den Ozeanen aufgelöst wurde und CO2 daher für das Klima nicht relevant war.
Der Chemiker Charles David Keeling konnte ab 1957 durch langjährige Messungen am Mauna Loa in Hawaii den direkten Zusammenhang der CO2-Konzentration mit der Verbrennung fossiler Brennstoffe aufzeigen. Die sogenannte Keeling-Kurve gilt heute als einer der wichtigsten Belege für die vom Menschen verursachte globale Erwärmung.
1960er und 70er: Global cooling?
Obwohl die globale Durchschnittstemperatur seit den 1940er sank, waren die meisten ForscherInnen von dem Zusammenhang von zunehmender CO2-Konzentration und den Anstieg der Temperaturen überzeugt. Zu gut verstanden war die „Heizwirkung“ des CO2 auf das Klima.
Vereinzelt fanden sich Gegenstimmen. Diese ForscherInnen bestritten nicht den Zusammenhang von CO2 und globaler Erwärmung. Sie argumentierten, dass durch den Ausstoß von Treibhausgasen auch Aerosole (Schwebeteilchen) in die Atmosphäre eingetragen werden, die globale Erwärmung überlagern. Der Kühleffekt durch Aerosole sei also größer als der Heizeffekt des CO2, so das Argument.
Die ForscherInnen, die diese These vertraten, waren aber deutlich in der Minderheit. Nur zehn Prozent befürworteten in den wissenschaftlichen Arbeiten der 60er und 70er ein „global cooling“, wogegen 62 Prozent von einer Erderwärmung ausgingen. Die Wissenschaftsgemeinde war sich also weitgehend einig: Selbst, wenn Aerosole für einen Kühlungseffekt sorgten, so macht der stete Ausstoß von CO2 eine Erderwärmung unumgänglich. Wallace Broecker, Newberry Professor am Department of Earth and Environmental Sciences der Columbia University und einer der maßgeblichsten Klimatologen seiner Zeit, veröffentlichte 1975 eine wissenschaftliche Arbeit, die zu dem Schluss kam:
Der „gegenwärtige Abkühlungstrend [wird] in etwa einer Dekade enden und von einer durch Kohlenstoffdioxid verursachten Erwärmung abgelöst werden. Analog zu ähnlichen Ereignissen in der Vergangenheit wird die natürliche Abkühlung des Klimas enden, die etwa seit 1940 den Effekt des Kohlenstoffdioxids überdeckt hatte. Sobald dies geschieht, wird der exponentielle Anstieg der atmosphärischen Kohlenstoffdioxidkonzentration ein signifikanter Faktor werden und zu Beginn des nächsten Jahrhunderts die Temperaturen des Planeten außerhalb der Bereiche bringen, wie sie die letzten 1000 Jahre zu beobachten waren.“
Broeckers Vorhersage traf korrekt ein. Die Mär von der Wissenschaft, die angeblich in den 1970ern mehrheitlich von einer neuen Eiszeit ausgingen, bleibt also nur eine Propaganda der KlimawandelleugnerInnen.
1980er: Ölkonzerne und die korrekte Vorhersage der Erderwärmung
Der Ölkonzern Exxon betrieb in den 1970ern und 80ern hohen Aufwand, um den Klimawandel aufgrund des menschlich verursachten CO2-Ausstoß besser verstehen zu können. In einem internen Briefing prognostizierte der Ölkonzern die Klimaentwicklung für die nächsten Jahrzehnte. Um zu verdeutlichen wie genau und wie gut die Vorhersage war:
In den Forschungsarbeiten von Exxon, wird eine CO2-Konzentration für das Jahr 2019 von 415 ppm und eine Temperaturerhöhung von 0,9°C vorhergesagt.
Die CO2-Konzentration wurde tatsächlich im Mai 2019 und die 0,9°C-Marke im Jahr 2017 erreicht. Die ForscherInnen von Exxon leisteten hervorragende Arbeit, sie prognostizierten über fast 40 Jahre punktgenau das Klima. Nur die Öffentlichkeit erfuhr viel später davon. Denn
This @exxonmobile chart from 1982 predicted that in 2019 our atmospheric CO2 level would reach about 415 parts per million, raising the global temperature roughly 0.9 degrees C.
Update: The world crossed the 415 ppm threshold this week and broke 0.9 degrees C in 2017 1/ — Tom Randall (@tsrandall) 14. Mai 2019
gleichzeitig setzten die Ölkonzerne aber eine Maschinerie in Gang, die den Klimawandel in Frage stellen sollte.
Mitte der 1980er warnten ForscherInnen immer deutlicher vor dem Klimawandel. Die Deutsche Meteorologische Gesellschaft e. V. (DMG) und die Deutsche Physikalische Gesellschaft e. V. (DPG) wendeten sich 1985 und 1987 mit einem Schreiben an die Öffentlichkeit und forderten von der Politik umgehend Maßnahmen, um das 1°C-Ziel einhalten zu können.
Zeit auf die Wissenschaft zu hören
Seit fast 163 Jahren kennen wir die Heizwirkung von CO2 auf das Erdklima. Die Rechnung „mehr CO2 → höhere Temperaturen“ ist nicht schwer und ist gut verstanden. Unbekannte Variablen wurden in den Folgejahren ausgeräumt. Seit den 1930 kann die damals schon messbare Erderwärmung mit der steigenden CO2-Konzentration erklärt werden. In den 1950ern setzte sich die Erkenntnis durch, dass die Erde auf eine menschenverursachte globale Erwärmung zusteuert und selbst Ölkonzerne können die Temperaturentwicklung seit den 1980ern sehr genau vorhersagen. Trotzdem wurden diese wissenschaftlichen Erkenntnisse von der Öffentlichkeit lange Zeit ignoriert und werden heute durch Propaganda von einer einflussreichen Lobby, die den Klimawandel leugnet und kleinredet, diskreditiert.
Heute sagen uns dieselben ForscherInnen, die so gut und genau das Klima vorhersagen können, dass wir de facto sofort den CO2-Ausstoß reduzieren müssen, wenn wir die Temperaturerhöhung auf 1,5°C oder auch nur 2°C beschränken wollen. Die Warnungen sind eindrücklich. Schaffen wir diese Ziele nicht, drohen uns und den folgenden Generationen unkontrollierbare Folgen.
Es wird Zeit auf die Wissenschaft zu hören und konsequent zu handeln.